Spiele und Beschäftigung mit dem Hund dienen nicht nur der Auslastung. Sie fördern die Kommunikation zwischen Hund und Halter, den Willen zur Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen. Die Möglichkeiten, sich mit seinem Hund zu beschäftigen, sind dabei ungemein vielfältig. Für jeden Hundetyp, mit seinen Talenten und Vorlieben, ist das Passende dabei.

 

 

Hunde brauchen Beschäftigung

 

Die meisten Hunderassen wurden für bestimmte Aufgaben gezüchtet. Sie waren einst ausdauernde Jagdhelfer, mutige Wächter oder reaktionsschnelle Schafhüter. Heute sind die meisten Hunde in Deutschland eher Alltagsbegleiter, ohne bestimmte Aufgaben. Die Arbeitsfreude ist aber bei vielen Hunden erhalten geblieben. Einige davon finden sich damit ab, ein Leben in Arbeitslosigkeit zu führen, andere suchen sich eigene Aufgaben, die nicht immer im Sinne ihrer Besitzer sind. Sie gestalten den Garten um, melden lautstark jedes Geräusch, ziehen die Wohnzimmertapete von der Wand oder jagen Lichtreflexe und Autos. Manche Hunde gehen sogar so weit, sich selbst zu verstümmeln (z.B. exzessives Pfoten lecken oder an der Rute knabbern) oder entwickeln Stereotypien wie ausdauerndes Schwanzjagen oder scharren.

 

Beschäftigung mit dem Hund schafft aber nicht nur Auslastung, sondern fördert auch die Zusammenarbeit und das Vertrauen ineinander. Der Mensch lernt, seinen Hund besser zu lesen und auch die Kommunikation wird verbessert. Wie vermittelt man dem Hund Ruhe, wir Spannung? Wie lässt er sich motivieren? Wie sieht der Hund aus, wenn er einer Lösung nahe ist, etwas gewittert hat oder aber überfordert oder müde ist? Auf der anderen Seite ist auch der Hund sehr motiviert, seinen Menschen zu verstehen: was meint der Mensch mit dieser Körperhaltung, der Armbewegung, den Lauten? Dies hilft auch in vielen Alltagssituationen oder bei den Grundgehorsamsübungen. Für einen Hund ist es kein Unterschied, Sitz zu lernen oder aber Pfötchen zu geben. Beides sind „Tricks“ für ihn.

 

Was für welchen Hund geeignet ist, ist dabei ganz unterschiedlich. Hunde bringen, je nach Rasse und Veranlagung, verschiedene Talente mit. Der eine Hund liebt das stöbern und suchen mit der Nase, der nächste reagiert blitzschnell auf die kleinsten Zeichen seines Menschen, wieder ein anderer ist wendig mit tollem Körpergefühl, ein weiterer liebt es zu rennen oder löst gerne kleine Denkaufgaben. Aufzwingen sollte man seinem Hund nichts. Es geht um die Freude an der gemeinsamen Arbeit und um die Auslastung des Hundes. Wenn der Hund an etwas partout kein Interesse zeigt, probiert man eben etwas anderes aus. Der Weg ist das Ziel. Die Zusammenarbeit, das Mitdenken, das Lernen neuer Dinge. Vielleicht lernt der Nachbarshund in einem Monat 10 neue Tricks und der eigene hat in derselben Zeit nur zwei geschafft. Falls der Hund diese aber mit Begeisterung gelernt hat und nach jeder Übungseinheit zufrieden geschlafen hat, kann es doch gar nicht besser sein.

 

Beschäftigung kann auch helfen, Probleme und Ängste zu bewältigen. Falls der Hund sich z.B. ungern an den Pfoten berühren lässt, können freudig aufgebautes „Pfötchen geben“ oder „High 5“ Abhilfe schaffen. Hat der Hund Angst vor Regenschirmen, kann man den Regenschirm mit Futter darunter in einen Such-Parcour einbauen oder den Schirm als Hürde beim Garten-Agility nutzen. Allgemein schafft jede erfolgreich gelöste Aufgabe Selbstvertrauen. Der Hund kann so lernen, neue Dinge mutig in Angriff zu nehmen und verschiedene Problemlösungen auszuprobieren, anstatt ängstlich in Passivität zu „erstarren“. Sehr aufgedrehte Hunde profitieren dagegen von ruhiger Arbeit, Such- und Denkspielen. Sie lernen konzentrierte Mitarbeit und sich auch mal zurück nehmen zu können.

 

 

Grundregeln für Übungen und Beschäftigung mit dem Hund

 

Ganz wichtig ist, den Hund nicht zu überfordern. Der Hund soll Spaß an den Übungen haben, Zwang ist unnötig und völlig kontraproduktiv. Kleine Schritte und viele Erfolgserlebnisse sind beim Aufbau neuer Übungen unabdingbar. Am Hund zu ziehen, ihn in Position zu drücken oder ungeduldig zu werden, bewirkt nur, dass der Hund die Freude an der Zusammenarbeit verliert.

Vor allem komplexe Dinge begreift der Hund am schnellsten, wenn er sich den Weg selbstständig erarbeitet. Man selbst kennt das auch: wenn man in einer fremden Stadt mit Jemandem unterwegs ist, der sich auskennt und führt, ist man hinterher kaum in der Lage, die Strecke selbsttätig wieder zu finden. Muss man sich den Weg dagegen selbst suchen, hat man ihn dadurch fest abgespeichert. Für Übungen mit dem Hund heißt das: man gibt ein Feedback (oder die Übung ist beim richtigen Weg selbstbestätigend), lässt den Hund aber probieren und selbst Lösungsvorschläge machen.

 

Wichtig ist es auch, die Übung zu beenden, bevor der Hund die Lust verliert. Dabei sollte die letzte Übung immer mit einem Erfolgserlebnis für den Hund enden. Klappt es mit der eigentlich geplanten Übung nicht, macht man zum Abschluss etwas anderes oder geht noch einmal einen Trainingsschritt zurück. So ist der Hund beim nächsten mal wieder mit Begeisterung dabei.

 

Falls eine Übung nicht funktioniert, kann das verschiedene Ursachen haben: vielleicht hat man es nicht geschafft, mit dem Hund so zu kommunizieren, dass er verstehen konnte. Vielleicht waren die Anforderungen zu hoch, die Ablenkung zu stark oder man selbst oder der Hund hat einfach einen schlechten Tag. In dem Fall ist es besonders wichtig, nicht auf Teufel komm raus noch irgendwie zu einem Ergebnis kommen zu wollen, sondern die Übungseinheit positiv zu beenden und eine Pause zu machen. Oft kommt man so auf neue Aufbaumöglichkeiten oder Fehlerquellen. Manchmal hat es auch den Anschein, der Hund musste nur mal „drüber schlafen“, beim nächsten Versuch klappt es dann.

 

Zu einer gelungenen Beschäftigung mit dem Hund gehört eine entspannte Atmosphäre. Gerade bei neuen Übungen ist es sehr wichtig, dass sowohl man selbst, als auch der Hund gut gelaunt sind und auch die Umgebung wenig Stressfaktoren oder Ablenkung bietet. Eine ruhige Wiese, oder fast noch besser: das Wohnzimmer oder der eigene Garten, eignen sich für das Erlernen von Neuem meist am besten. So fällt auch der Erfolgsdruck durch eventuell vorhandene Zuschauer weg. Klappt es dort gut und der Hund ist mit Freude dabei, kann die Ablenkung dann langsam gesteigert werden. Mit etwas Glück, wird der Hund so mit der Zeit auch auf Spaziergängen deutlich ansprechbarer und interessierter an seinem Besitzer (siehe auch: „Spaziergänge interessant gestalten“).

 

 

mein Hund mag nicht spielen…

 

Manche Hunde haben nie gelernt, dass man sich mit Menschen beschäftigen kann oder zeigen aus einem anderen Grund kein Interesse an den Spielvorschlägen. Bevor man aufgibt, sollte man aber die Motivation des Hundes hinterfragen. Vielleicht ist er gehemmt, da er bislang eher negative Erfahrungen gemacht hat, wenn er sich bei Übungen selber einbringt. Vor allem sehr streng erzogene Hunde zeigen dieses Verhalten: lieber überhaupt nichts zu machen, als das Falsche. Ein Clicker kann hier helfen, um dem Hund zu vermitteln, dass sich Angebote zur Mitarbeit und Eigeninitiative lohnen.

 

Einige Hunde haben eine sehr geringe Frustrationstoleranz oder eine kurze Konzentrationsspanne. Hier helfen winzig kleine Schritte mit sofortigen Erfolgserlebnissen. Hat der Hund Feuer gefangen, kann man die Ansprüche langsam steigern.

 

Manche Menschen wissen nicht, wie sie ihren Hund motivieren sollen. „Der Hund hat doch kein Interesse an mir, der schnüffelt draußen nur!“. Na ist doch prima, der Hund setzt also gerne seine Nase ein. Es gibt unzählige Möglichkeiten zur Nasenarbeit, die dem Hund vermitteln, dass schnüffeln mit Frauchen/Herrchen zusammen sogar noch toller ist.

 

Viele Hunde sind über Futter gut zu motivieren. Frei lebend würde ein guter Teil ihrer wachen Zeit für die Suche nach Nahrung verwendet werden, sowohl bei Wildhunden, als auch bei Straßenhunden. Sie erschnüffeln, sie buddeln, sie pirschen sich an, hetzen oder müssen sich etwas einfallen lassen, um an Nahrung in Mülltonnen oder an erhöhten Stellen zu gelangen. Und Hunde sind bestens dafür ausgerüstet: sie besitzen eine phantastische Nase, ein gutes Gehör, sind ausdauernd, mit einem schnellen Reaktionsvermögen. Was liegt näher, als den Haushund ebenfalls über den Futtererwerb Auslastung zu bieten. Eben in Form von Such-, Denk- und Jagdspielen. Auch eher mäkelige Fresser lernen so durchaus, Futter wieder interessanter zu finden und mehr zu schätzen. Natürlich kann man seinen Hund auch sehr gut auslasten, ohne Futter einzusetzen. Aber alleine, den Hund einen Teil des Futters erarbeiten zu lassen, statt es aus dem Napf zu füttern, bedeutet für ihn ein erhebliches Mehr an Auslastung.

 

 

Der Ball-Junkie

 

Viele Menschen denken beim Thema Auslastung des Hundes als erstes an Joggen oder Ball werfen. Hunde können aber so viel mehr, als nur stupides hinterher rennen, dass es schade wäre, wenn die Beschäftigung mit dem Hund darauf beschränkt bliebe.

 

Speziell das Ball-Spielen ist auch eher mit Vorsicht zu genießen. Das Hetzen als Teil der Jagdsequenz ist tatsächlich bei vielen Hunden sehr beliebt. Bei der Jagd werden Hormone im Hundekörper ausgeschüttet, die dafür sorgen, dass er Höchstleistung erbringen kann, Schmerzen kaum wahrnimmt und Müdigkeit ignoriert. Adrenalin pusht auf, Endorphine sorgen für Glücksgefühle. Synthetische Drogen für Menschen haben ähnliche Effekte. So ist es kaum verwunderlich, dass einige Hunde regelrecht abhängig von Bällen werden. Ist ein Ball in der Nähe, stehen sie unter Strom, blenden alles andere aus und gieren nach dem nächsten Ballwurf. Das ist Stress pur. Bei einigen Hunden geht es sogar so weit, dass sie noch mehr unter Stress stehen, wenn der Ball auf einem Spaziergang mal nicht dabei ist. Man kann jetzt einwenden, dass Hunde in freier Wildbahn ja auch jagen. Dann gehört allerdings auch das Suchen, Anpirschen und sich zurück nehmen können dazu. Die Momente, in denen sie dabei unter Hochspannung die Beute hetzen, sind tatsächlich sehr kurz und enden in Entspannung beim anschließenden Fressen.

 

Als Super-Belohnung oder zur Ablenkung in kritischen Situationen lässt sich ein Ball bei solchen Hunden tatsächlich nutzbringend einsetzen. Ein fröhliches Spiel ist der Ball für einen solchen Hund aber schon lange nicht mehr.

 

Dazu kommt, dass es sich nicht um ein gemeinsames Spiel mit dem Halter handelt. Der Hund wäre in der Regel genau so „glücklich“, würde man ihm eine Ballwurf-Maschine vor die Nase setzen. Bei einigen Hunden führt ein „grenzenloses“ Ball-Spiel auch dazu, dass sie allgemein wesentlich stärker auf Bewegungsreize reagieren. Die Ansprechbarkeit des Hundes bei Jagdreizen lässt nach, da er es gewohnt ist, sich sofort ohne Überlegung hinterher zu stürzen.

 

Oft reagieren vor allem Arbeitsrassen stark auf Ballspiele, als wäre ihnen diese stupide Auslastung immer noch lieber, als überhaupt keine. Man beobachte z.B. einen Border Collie beim Hüten. Die Arbeit an den Schafen ist sehr komplex, immer wieder entstehen neue Situationen, auf die der Hund sich einstellen und Lösungen finden muss. Er muss konzentriert arbeiten und sich auch im richtigen Moment zurück halten können. Ein völlig anderes Bild, als ein Border Collie, der völlig überdreht immer wieder die gleiche Strecke zwischen Halter und Ball zurück legt…

 

Ganz verzichten muss man auf Ballspiele natürlich nicht. Die meisten Hunde reagieren auf gelegentliches Ball-Spiel, und bei genug alternativer Beschäftigung, längst nicht so extrem.

 

Deutlich sinnvoller und abwechslungsreicher wird das Ball-Spiel durch kleine Aufgaben. Man kann vom Hund z.B. verlangen, dass er immer erst auf das Kommando wartet, bevor er hinterher läuft. Dies ist eine schöne Übung zur Impulskontrolle, die einem auch beim Anblick von Wild helfen kann. Auch kann man üben, dass der Hund sich auf dem Weg zum Ball ins Platz legen oder wieder abrufen lässt. Man kann mehrere Bälle werfen und diese den Hund in vorgegebener Reihenfolge apportieren lassen. Oder den Ball verstecken und den Hund suchen lassen. Dies lastet den Hund auch wesentlich besser aus, als reines Hetzen und fördert die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Hund. Wer nicht in der Lage ist, seinen Hund (ruhig) ohne Leine bei sich zu halten, wenn ein Ball fliegt, sollte seine bisherige Spielweise jedenfalls dringend überdenken.

 

Noch eine kurze Anmerkung zu Stöcken: diese kann sich der Hund beim fangen oder drauf stürzen in den Rachen rammen, was zu sehr unschönen Verletzungen führt. Auch abgekaute verschluckte Stock-Bestandteile können mit ihren spitzen Enden im Darm zu bösen Verletzungen führen. Sicherheitshalber sollten Stock-Spiele tabu sein. Ähnliches gilt für Steine, die beim Spielen gerne verschluckt werden und teils ohne OP nicht wieder zum Vorschein kommen.

 

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