Früher war es normal, Katzen mit Freilauf zu halten. Sie durchstreiften ihr Revier, jagten Mäuse und Vögel und kamen irgendwann ausgelastet und müde zum Fressen und Kuscheln Nachhause. Diese Art der Haltung wird mittlerweile sehr kritisch gesehen, nicht nur in der Stadt. Zum einen sind die Gefahren für Katzen vielfältig, wie z.B. Autos, Hunde oder in fremden Garagen oder Kellern eingeschlossen zu werden. Zum anderen ärgern sich Nachbarn auch über Katzenkot im Sandkasten und Blumenbeet oder Tatzenabdrücken auf ihrem Auto. Dazu kommt, dass viele, auch selten gewordene Singvögel Katzen zum Opfer fallen. Aber wie artgerecht kann reine Wohnungshaltung für eine Katze sein? Wie kann man ihren Bedürfnissen auf engem Raum und ohne natürliche Kletter- und Jagdmöglichkeiten gerecht werden?
Reviererkundung und Bewegung
Freigängerkatzen haben abhängig vom Geschlecht und der Wohnlage unterschiedlich große Territorien. In dicht besiedelten Wohngebieten besteht das Kernterritorium meist nur aus dem eigenen Garten. Dessen Grenzen werden patrouilliert und mit Kratzspuren und Urin markiert. Freiwillig geteilt wird das Kernrevier nur mit befreundeten Katzen. Dazu machen Katzen Erkundungsausflüge und weiten ihr Revier so gegebenenfalls noch weiter aus. Auf dem Land dagegen können Reviere mehrere Hektar groß sein, vor allem bei Katern. Neue Reize und Veränderungen werden genauestens untersucht, Eindringlinge beobachtet und auf Beute gelauert. Dafür hat die Katze verschiedene Lieblingsplätze in ihrem Revier, wie z.B. Bäume, Zaunpfähle oder Höhlenartige Unterschlüpfe.
Im Kleinen kann man dies auch einer Wohnungskatze bieten. Hier sind vor allem abwechslungsreiche Kratzbäume mit Höhlen und Aussichtsplattform zu nennen, dazu nimmt eine Katze auch gerne Kletterwände oder Leitern an. Wichtig ist der Standort von Kratzbaum und Co: die Katze möchte einen guten Überblick haben, aber lieber am „sicheren“ Rand des Geschehens. Zur Reviermarkierung können Kratzbretter an für die Katze strategisch wichtigen Stellen angebracht werden. Meist sie dies Türen, aber auch der Lieblingsplatz am Fenster. Dies beugt zudem vor, dass die Katze Kratzspuren an Möbeln oder der Tapete hinterlässt.
Leider sehen die Wohnräume immer gleich aus, riechen gleich, es gibt kaum neue Eindrücke, die zum Erkunden einladen. Zwar mögen Katzen Routine und Sicherheit, aber neue Reize regen die Katze zum Bewegen und Erkunden an. Bereits ein vernetzter Balkon oder ein kleiner sicherer Außenbereich auf der Terrasse bieten interessante Gerüche und viel zum Beobachten. Daneben kann man der Katze immer wieder Neues anbieten: Kartons oder Spieltunnel als Höhlen, Tannenzapfen vom Waldspaziergang oder vielleicht mal das Erkunden eines Kellerraumes.
Jagdersatz und Spiele
Freigängerkatzen stellen meist keine großen Beschäftigungsansprüche an ihre Menschen. Sie leben ihren Jagdtrieb draußen aus, haben täglich viele neue Eindrücke und kommen müde und ausgelastet zurück in die Wohnung. Freigängerkatzen verbringen dabei rund 2-3 Stunden am Tag mit Jagen, wobei das bei Katzen deutlich anders aussieht, als z.B. bei einem Hund. Katzen sind Lauerjäger, sie warten bewegungslos vor Mäuselöchern oder an anderen Stellen, die potentiellen Jagderfolg versprechen und stürzen sich dann im richtigen Moment auf ihre Beute. Mit dieser wird anschließend gerne noch „gespielt“. Menschen finden den ersten Teil des Jagens im Spiel mit der Katze eher langweilig. Aber eine Katze kann durchaus 30 Minuten in gespannter Erwartung vor einem Loch in einem Karton lauern, hinter dem ab und an erkennbar ist, dass es eine Beute enthält. Das anschließende Spiel mit der Beute (Reizangel, kleiner Ball oder ein anderes der zahlreich erhältlichen Katzenspielzeuge) bringen Katze und Mensch gemeinsam Spaß. Die Katze mag es, wenn Spielzeug raschelt oder knistert, wenn es vor ihr „flieht“ und Haken schlägt.
Ebenfalls eine schöne Beschäftigungsmöglichkeit sind sogenannte Fummelbretter, die sich mit etwas Geschick und Fantasie leicht selbst herstellen lassen. Aus Dingen, die sonst im Müll landen würden, bastelt man ein Geschicklichkeits- und Denkspiel, mit dem sich die Katze dann auch ohne ihren Menschen beschäftigen kann und sich beispielsweise so ihre tägliche Ration Trockenfutter erarbeitet. Alternativ kann man im Herbst auch trockenes Laub in einen Karton füllen und dazwischen Trockenfutter oder auch das Lieblingsspielzeug der Katze verstecken.
Wohnungskatzen bewegen sich häufig zu wenig, Übergewicht ist die Folge. Neben gemeinsamen Spielen und abwechslungsreichen Klettermöglichkeiten, lassen sich einige Katze für Agility begeistern. Ähnlich wie bei Hunden können kleine Parcours aufgebaut werden, mit Weitsprüngen von Stuhl zu Stuhl, Hürden, kurzen Tunneln, Balancieren über ein schmales Brett oder Durchspringen eines Reifens.
Andere Katzen bevorzugen ruhige Denkspiele, hier eignet sich Clickern gut. Kleine Tricks wie z.B. Dinge mit der Pfote oder der Nase berühren oder Männchen machen können so erarbeitet werden.
Sozialverhalten
Entgegen landläufiger Meinung, sind die meisten Katzen keine Einzelgänger. Sie suchen sich genau aus, wen sie mögen, aber gehen dann tiefe Freundschaften mit Artgenossen ein. Kuscheln und spielen zusammen und putzen sich gegenseitig. Zudem haben sie einen Partner an ihrer Seite, der wirklich ihre Sprache spricht. Vor allem bei der Aufnahme eines Kitten empfiehlt es sich, gleich 2 einziehen zu lassen. Zum einen sind junge Katzen sehr verspielt und alleine durch den Menschen nur schwer auszulasten, zum anderen ist die Chance sehr groß, dass sie gute Freunde fürs Leben werden.
Eine artgerechte Haltung in der Wohnung ist so bei den meisten Katzen sehr gut möglich, erfordert nur Engagement und Zeit von ihrem Menschen.