Für viele Menschen klingt es nach reiner Geschmackssache, ob man seinem Hund ein Halsband oder ein Geschirr anzieht. In den Sozialen Medien des Internets entbrennen allerdings regelmäßig Kleinkriege deswegen. Macht es für den Hund tatsächlich einen so großen Unterschied, woran er geführt wird?
Früher war es ganz normal, dass ein Hund ein Halsband trug, Geschirre gab es höchstens für spezielle Aufgaben, beispielsweise für Rettungshunde oder für Schlittenhunde. Das Beispiel Schlittenhund macht deutlich, warum sich heute auch im Alltag immer mehr Menschen für ein Geschirr entscheiden: ein Schlittenhund braucht eine körperschonende Kraftverteilung des Zuges, ein plötzlicher Ruck darf keine Zerrungen oder Verspannungen zur Folge haben und Dauerbelastung darf keine Fehlhaltung bewirken, mit entsprechenden gesundheitlichen Langzeitfolgen. So sind sich mittlerweile viele Experten einig, dass gerade beim Welpen mit empfindlichen Knochen und Bändern ein Geschirr tatsächlich sinnvoller ist, zumal ein Welpe öfter bei kleinen Reizen in die Leine springt oder abrupt die Richtung wechselt. Ähnlich verhält es sich bei an der Schleppleine geführten Hunden, bei denen starkes Rucken nicht immer zu vermeiden ist, wenn sie auf einen Reiz hin durchstarten und erst mit mehreren Metern Anlauf das Ende der Leine erreichen. Gerade Besitzer großer Hund werden wissen, was für Kräfte dabei freiwerden.
Noch immer gibt es viele Menschen, die meinen, ein Leinenruck gehöre zur Leinenführigkeitserziehung dazu. Schadet dem Hund der starke Ruck am Hals wirklich? Je nach Breite des Halsbands konzentriert sich die Kraft auf eine sehr geringe Fläche und das bei einem sehr empfindlichen Teil des Hundes. Hier befinden sich die Hauptblutgefäße, der Kehlkopf, die Speiseröhre, die Schilddrüse, sowie letztlich die Halswirbelsäule. Wer sich selbst vorne vorsichtig gegen den Hals drückt, wird nachvollziehen können, dass es Körperteile gibt, die Krafteinwirkung besser ertragen. Dauerzug kann zudem zu Kehlkopf- und Luftröhrenentzündungen führen sowie zu Verspannungen bis hin zu ernsthaften Folgen für den Bewegungsapparat und zu Halswirbelerkrankungen.
Ist also ein Geschirr in jedem Fall besser? Nein, es gibt sicher auch gute Gründe für ein Halsband und wenn der Hund gut leinenführig ist, bringt ein Geschirr kaum mehr Vorteile. Ein Halsband ist schneller an- und auszuziehen, trocknet nach dem Schwimmen schneller und birgt beim Spiel mit anderen Hunden weniger Gefahr, dass ein Hund sich verhakt. Auch ist ein gut sitzendes Geschirr oft deutlich teurer, als ein Halsband, hier lohnt es sich, auf Angebote zu achten. Woran der Hund in kritischen Situationen besser zu halten oder zu führen ist, darüber streiten sich die Experten. Ein durchdachter Aufbau der Leinenführigkeit sowie Übungen zur Impulskontrolle, haben allerdings sicher einen größeren Effekt, als die Wahl der Führhilfe.
Ein wichtiger Punkt ist, dass ein Geschirr dem Hund nur dann gesundheitliche Vorteile bringen kann, wenn es sehr gut sitzt.
Worauf sollte man beim Geschirrkauf achten?
- Geschirre müssen zur Anatomie des Hundes passen. So lässt man sich bestenfalls mit seinem Hund im Fachgeschäft beraten und probiert dort verschiedene Geschirre an.
- Die Gliedmaßen müssen frei beweglich sein, keinesfalls darf einer der Gurte an den Beinen oder Gelenken reiben oder diese in der Bewegung einschränken. So sollte der Brustgurt bei großen Hunden etwa eine Handbreit hinter den Ellbogen sitzen, keinesfalls direkt an den Ellbogen. Wichtig ist hierbei auch, den Hund in Bewegung an der Leine zu sehen: verrutscht oder scheuert das Geschirr?
- Das Geschirr darf nicht zu eng sitzen, vor allem darf kein Druck auf den Schultergelenken und der Wirbelsäule aufgebaut werden.
- Angenehm ist es, wenn das Geschirr waschbar ist und bei Regenwetter schnell wieder trocknet.