Der Körperbau und die Sinnesleistungen sind darauf abgestimmt, was das Pferd ursprünglich war und eigentlich auch immer noch ist: ein ausdauerndes Fluchttier, ein Grasfresser und ein Herdentier.

 

 

Körperbau

 

Kopf: Der Kopf ist beim Pferd sehr langgezogen, was vor Augenverletzungen beim Grasen schützt und außerdem ein beobachten der Umgebung während des Fressens ermöglicht. Dazu tragen auch die seitlich angesetzten Augen und die großen Ohren bei (siehe unten: Gehörsinn). Zudem ist dadurch viel Platz für das große, verzweigte Riechsystem. Die großen Nüstern erlauben viel Luftzufuhr, um auch auf einer längeren Flucht den Körper mit genug Sauerstoff zu versorgen.

 

Hals: Der Hals ist relativ lang, in erster Linie, um im Stehen Grasen zu können. Dazu kommt, dass ein längerer Hals auch erlaubt, Busch- und Grasland der Steppe besser zu überblicken und an höher gelegene Futterquellen zu gelangen.

Der Hals spielt daneben eine wichtige Rolle für die Balance. So ermöglicht ein hoch angesetzter Hals z.B. eine bessere Schwerpunktverlagerung auf die Hinterhand.

 

Rumpf: Der tiefe Brustkorb bietet viel Raum für die große Lunge. Bei einem trainierten Pferd kann das Lungenvolumen bis zu 20Liter betragen. Der Rumpf muss auch deshalb so breit und kräftig sein, damit die Verdauungsorgane darin Platz finden. Pflanzen zu verdauen ist für jeden Darm Schwerstarbeit, so dass der Darm bei Pflanzenfressern sehr viel länger ist, als bei Fleischfressern.

 

Beine: Die Beine sind verhältnismäßig lang, was raumgreifende Bewegungen ermöglicht, die nicht nur für Schnelligkeit, sondern auch für Ausdauer sorgen. Die sehr muskulöse Hinterhand ermöglicht große Schubkraft und Sprungstärke. Hier spielt insbesondere auch die Ausprägung der Kruppe mit rein. Die Hauptlast (mind. 60% des Körpergewichts) liegt allerdings auf den Vorderbeinen.
Pferde sind Einhufer, da dies sowohl auf harten als auch auf weichen Böden die schnellste Fortbewegung ermöglicht.

 

 

Sinnesleistungen

 

Sehsinn: Bei Pferden sind die Augen seitlich am Kopf angesetzt, was typisch für Fluchttiere ist. So können sie einen sehr weiten Bereich überblicken, tatsächlich haben sie annähernd Rundumsicht, ohne den Kopf bewegen zu müssen. Dies bedeutet aber auch, dass die Sehbereiche der Augen kaum überlappen, was zu schlechtem räumlichen Sehen führt. Auf plötzliche schemenhafte Bewegungen von der Seite reagieren Pferde instinktiv mit Flucht.

Pferde sehen in der Dämmerung deutlich besser, als der Mensch. Das liegt zum einen daran, dass der Anteil der Stäbchen sehr hoch ist, zum anderen daran, dass Pferde ein Tapetum Lucidum besitzen und das Pferdeauge auch einfach sehr groß ist. Stäbchen sind die lichtempfindlichen Zellen in der Netzhaut, die für das Sehen in der Dämmerung zuständig sind. Sie reagieren bereits auf sehr schwache Lichtreize, ermöglichen aber nur schwarz-weiß Sehen. Dazu kommen bei vielen Tieren noch die Zapfen, die viel weniger Lichtempfindlich sind, also nur am Tag funktionieren, aber dafür Farbensehen ermöglichen. Auch Pferde haben Zapfen, können Farben aber nicht in dem Umfang wahrnehmen, wie der Mensch. Das Tapetum Lucidum ist eine reflektierende Schicht hinter der Netzhaut, die das Licht noch einmal zurück wirft zu den Fotorezeptoren in der Netzhaut. Der Mensch besitzt kein Tapetum Lucidum, aber z.B. Hunde, Katzen und eben auch Pferde. Zu erkennen ist das Tapetum Lucidum im Dunkeln, wenn die Augen von einer stärkeren Lichtquelle angestrahlt werden. Die Augen „leuchten“ dann. Das gute Nachtsehen wird weniger zur Feindsichtung genutzt, das übernehmen vor allem in der Dunkelheit Nase und Ohren, sondern damit auf der Flucht Hindernisse, Stöcke und Abgründe rechtzeitig erkannt werden können.

 

Kopf und Ohren richten sich auf das Geräusch aus

Hörsinn: Pferde haben ein gutes Hörvermögen, wodurch sie auch sehr leise Geräusche gut wahrnehmen und orten können. Das ist beim Fluchttier Pferd wieder ganz auf schnelles Bemerken von potentiellen Feinden ausgelegt. Die Ohren sind dabei extrem beweglich, sogar unabhängig voneinander.

Da Pferde leisere und auch höhere Töne wahrnehmen, als der Mensch, ist dem Pferdehalter nicht unbedingt immer klar, wovor das Pferd gerade zurück schreckt. Zudem sind einige Geräusche, die ein Mensch als normal empfindet und „überhört“, für Pferde durchaus wichtig. Das Schleifen eines Seils über den Boden könnte eine Schlange sein, das Knacken von Ästchen ein “Säbelzahntiger”. Mit der Zeit lernen Pferde, welche Geräusche tatsächlich Gefahr bedeuten und welche harmlos sind.

 

flehmendes Pferd

Geruchssinn: Die Nüstern der Pferde sind nicht nur äußerlich groß, sie bestehen im Inneren aus einem stark gewundenen System aus Riechzellen, das ein sehr feines Analysieren von Gerüchen ermöglicht. Wo der Mensch nur ein vages Geruchsgemisch wahrnimmt, aus dem höchstens extrem intensive Düfte heraus stechen, kann das Pferd Gerüche quasi in seine Bestandteile zerlegen und auch sehr viel besser orten, als der Mensch. Auch dies ist unter anderem wieder auf den Umstand zurückzuführen, dass Pferde Beutetiere für Raubtiere sind. Sie müssen den entsprechenden Geruch nicht nur sehr früh wahrnehmen, sondern auch recht exakt bestimmen können, aus welcher Richtung der Geruch kommt und wie weit das Raubtier noch entfernt ist.

Daneben hilft der gute Geruchssinn auch dabei, Wasserquellen zu finden, Geschlecht und Paarungsbereitschaft des Gegenüber einzuschätzen oder einfach einen Freund zu erkennen.
Pferde besitzen zusätzlich noch das so genannte Jacobsonsche Organ, das am Gaumen sitzt. Um dieses zu benutzen, stülpt das Pferd die Oberlippe vor, was die Nüstern verschließt, und atmet stark ein. Der Vorgang wird als “Flehmen” bezeichnet. Dabei drückt das Pferd die angefeuchtete Atemluft gegen das Jacobsonsche Organ, in dem eine besondere chemische Analyse der Duftmoleküle stattfindet. Genutzt wird es vor allem zur genauen Einschätzung von Paarungsbereitschaft oder Status eines anderen Pferdes, aber auch bei für sie ganz neuen Gerüchen.

 

Tastsinn: Berührungen und Luftbewegungen kann das Pferd fast am ganzen Körper spüren. Das eigentliche „Tasten“ findet aber über spezielle Tasthaare statt, die sich z.B. am Maul befinden. Diese Vibrissen sind nötig, da Pferde nicht sehen, was sich direkt vor ihrem Maul befindet. So stellen sie u.a. über die Tasthaare fest, ob sich beim Grasen Hindernisse wie z.B. Steine vor ihnen befinden und ob sich das Grasen an dieser Stelle überhaupt noch lohnt.

 

Geschmackssinn: Pferde als Pflanzenfresser haben einen sehr feinen Geschmackssinn, der sie in die Lage versetzt, giftige von ungiftigen Pflanzen zu unterscheiden. Das funktioniert allerdings nicht perfekt, weshalb man sich als Mensch nicht darauf verlassen sollte.

Anders als vorwiegende Fleischfresser wie der Hund z.B., können Pferde Salz schmecken. Das ist nötig, da Pflanzen salzarm sind und Pferde so darauf achten müssen, genug Salz aufzunehmen. Auch süß, sauer und bitter (= potentiell giftig) können sie geschmacklich unterscheiden.

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