Der Winter ist dieses Jahr in weiten Teilen Deutschlands außergewöhnlich mild. Was längst nicht alle Menschen freut, ist für viele Wildvögel ein Segen. Für sie ist in kalten Wintern nicht nur die schwierigere Nahrungsbeschaffung in Eis und Schnee ein Problem, sondern vor allem auch die Kälte.
Überleben in der Kälte
Vögel sind, wie der Mensch, auf eine konstante Körpertemperatur angewiesen, die je nach Vogel zwischen 38 und 42 Grad Celsius liegt. Gerade kleine Vögel müssen sich so einiges einfallen lassen, um der Kälte zu trotzen, denn bei ihnen ist die Körperoberfläche (über die die Wärme letztlich verloren geht) im Verhältnis zum Körpervolumen besonders groß. So kann ein Vogel wie der Gimpel in kalten Frostnächten über 10% (!) seines Körpergewichtes verlieren, um die nötige Wärme zu produzieren.
Unsere heimischen “Wintervögel” versuchen alles, um den Wärmeverlust möglichst gering zu halten. Sie entwickeln eine dichte “Daunenjacke”, plustern sich zu runden Kugeln auf, um die Körperoberfläche zu verkleinern und speichern über dunkles Gefieder Wärme. Besonders faszinierend ist das ausgeklügelte Wärmeaustauschsystem des Blutes: bevor das Blut in die Beine fließt, gibt es die Wärme an den Körper ab. Die Vogelbeine und Füße haben so bei Frostgraden nur noch eine Temperatur von etwas über 0 Grad, was auch verhindert, dass der Vögel irgendwo festfriert. Wären die Füße dagegen warm, würde der Schnee antauen, um dann bei starkem Frost zu Eis zu gefrieren.
In extrem kalten Nächten können Vögel ihre Körpertemperatur herunter fahren und in eine Art “Ruhezustand” übergehen, bei dem sie weitaus weniger Energie verbrauchen. So sind sie allerdings eine leichtere Beute für Raubtiere, wie z.B. Katzen. Daneben machen den Wintervögeln die “üblichen” Gefahren zu schaffen, wie beispielsweise engmaschige Netze, wie sie teils zum Schutz von Teichen oder Pflanzen eingesetzt werden, Autos oder Glasscheiben. Zudem hat nicht jeder Mensch gerne Vögel an seinem Haus. Etwaige “Abwehrmaßnahmen” sollten in dem Fall im Sinne unserer Wildvögel aber zumindest tierfreundlich gewählt werden.
Zugvögel
Was für eine große Leistung das Überleben in kalten Wintern für Vögel ist, sieht man auch daran, dass viele Vogelarten lieber Strecken von bis zu 10.000 Kilometern fliegen, um dafür in warmer und nahrungsreicher Umgebung überwintern zu können. Heimische Vögel, die uns im Winter verlassen, sind z.B. der Storch, der Mauersegler, der Kuckuck oder die Nachtigall.
Die Vögel, die bei uns bleiben und dem Winter trotzen, sind nun ohne das dichte Laub der Pflanzen besonders gut zu beobachten. Am häufigsten in deutschen Gärten sieht man im Winter den Haus- und den Feldsperling, Amseln, Kohl- und Blaumeisen und den Grünfink. Auch Rotkehlchen sind häufig zu sehen, dabei sind sie sogenannte “Teil-” bzw. “Kurzzieher”. Viele Rotkehlchen fliegen im Winter ein kleines Stück weit nach Süden, allerdings reicht ihnen maximal die Mittelmeerregion. Aus dem kühleren Nordosten stammende Rotkehlchen fliegen teils auch nur bis nach Deutschland, um hier zu überwintern. Daneben bleiben einige “deutsche” Rotkehlchen in milden Wintern einfach Zuhause. Wie viele andere Kurzzieher orientieren sie sich bei der Auswahl ihres Überwinterungsplatzes an relativer Wärme und dem Nahrungsangebot.
Winterfütterung für Wildvögel
Ein großes Problem ist, dass Deutschland sehr dicht besiedelt ist und die meisten “Naturflächen” in irgendeiner Weise vom Menschen genutzt werden. In vielen Gärten wird streng reguliert, was wachsen darf, auf Äckern und in vielen Wäldern herrschen Monokulturen vor. Wildkräuter, Wildbeeren und Pflanzen, auf die sich die verschiedenen Vogelarten seit Jahrtausenden als Winternahrungsquelle spezialisiert haben, verschwinden so immer mehr. Wie bereits angesprochen, verlieren gerade die kleinen Vögel in kalten Frostnächten sehr viel Energie und Reserven. So sind sie tagsüber fast ausschließlich mit der Nahrungssuche beschäftigt und dringend darauf angewiesen, auch ausreichend Nahrung zu finden. Einige Arten, die im Sommer vor allem Insekten fressen, steigen nun auf fettreichere Nahrung wie Nüsse, Körner oder Samen um, zumal im Winter deutlich weniger Insekten zu finden sind. Auch legen manche Vögel Winterdepots an: der Eichelhäher z.B. vergräbt im Herbst Eicheln im Boden und einige Meisenarten verstecken Samen in Baumritzen.
Viele Menschen möchten unsere heimischen Wintervögel unterstützen, indem sie Futterstellen anlegen. Allerdings ist diese Zufütterung nicht unumstritten. Gegner argumentieren oft damit, dass so die natürliche Auslese in der Natur gestört werde und sich damit im folgenden Frühling auch Vögel vermehren, die ohne menschliche Hilfe im Laufe der Generationen immer weniger lebensfähig sind. Diese würden so auch den wiederkehrenden Zugvögeln Brutplätze und Nahrung wegnehmen. Auf der anderen Seite fallen in besonders strengen Wintern aber auch viele eigentlich fitte und gesunde Vögel der Kälte und Nahrungsknappheit zum Opfer.
Die meisten Tierschutz- und Wildtierorganisationen stehen der Fütterung tatsächlich neutral bis positiv gegenüber, sofern man sich an einige Grundregeln hält. Sehr wichtig ist Hygiene am Futterplatz, damit sich keine Krankheitserreger verbreiten. So ist ein Futtersilo oder Futterspender einem normalen Futterhäuschen vorzuziehen, da der Dreck, Vogelkot und Futterreste herunter fallen können und sich nicht am Futterplatz ansammeln. Außerdem wird das Futter nicht so schnell feucht und schimmelig. Der richtige Standort ist damit auch wichtig: je weniger Regen und Schnee ans Futter gelangen kann, umso besser. Um auch scheuere Vögel zu erreichen, sollte der Standort des Futterplatzes zudem möglichst ruhig sein. Wer auf ein klassisches Vogelhäuschen nicht verzichten mag, sollte dies regelmäßig mit heißem Wasser reinigen und immer nur geringe Mengen Futter anbieten, die aufgefressen sind, bevor sie anfangen können zu schimmeln.
Viele Fertigfuttermischungen werden im Handel angeboten, allerdings ist es auch nicht schwer, selbst Futter zu mischen. Anleitungen hierzu findet man viele im Internet, z.B. auf den Seiten von Wildtier- oder Vogelschutzorganisationen. Keinesfalls sollten einfach Küchenabfälle oder gar Brot verfüttert werden. Das oft enthaltene Salz kann schon in kleinen Mengen tödlich sein und Brot quillt im Magen der Vögel zudem zu stark auf.
Erwähnt werden muss leider auch, dass bedrohte Vogelarten durch die Fütterung meist nicht erreicht werden. In der Regel handelt es sich hierbei um Vögel, die zu scheu sind, um Gärten aufzusuchen. Ihnen wäre viel mehr geholfen, wenn man sich für mehr naturbelassene Flächen in Deutschland einsetzen würde. Den weniger scheuen Vögeln hilft es bereits, den eigenen Garten möglichst naturnah zu gestalten und z.B. Stauden oder Sträucher erst nach dem Winter zurückzuschneiden.